Senken nachträglich in einen Heizkessel eingebaute Keramik-Elemente den Energieverbrauch?
Die Energieeinsparung ist ein seit Jahren aktuelles Thema – in der SHK-Branche ebenso wie in der Bevölkerung. Wer will schon mehr Gas, Öl, Pellets oder andere Brennstoffe verbrauchen als eigentlich notwendig. Doch wie kann das geschehen, wenn der Kunde einen in die Jahre gekommenen Heizkessel betreibt. Viele Experten empfehlen: alter Kessel raus, neuer Kessel rein. Damit lasse sich das jeweilige objektbezogene Einsparpotenzial mit relativ geringen Investitionen realisieren.
Pro – Olaf Tinzmann, Geschäftsführer Accuramics GmbH, München
Zunehmend implementieren Betreiber größerer Heizungsanlagen Keramikspeicher in Heizkesseln. Damit können – wenn technisch machbar – Einsparungen zwischen 8 und 15 % bei gleichem Wärmemengen-Output erzielt werden. Verschiedene Anbieter hatten immer wieder an Lösungen gearbeitet: Ursprünglich wurden Schamotte in das Flammrohr integriert, später Ringe aus Stahl und dann ab den 1990er-Jahren rohrförmige Körper aus Keramik. Viele dieser Lösungen waren technisch nicht ausgereift und erzielten nicht die gewünschten Effekte. Innovative Werkstoffe und Fertigungsverfahren haben dem Keramikspeicher inzwischen zum Durchbruch verholfen, beispielsweise ein Mullit-Werkstoff aus Al2O3 und SiO2, der mit 3000 t/cm2 verpresst und gebrannt wird. Resultat ist ein extrem temperaturwechselbeständiger Speicher mit hoher spezifischer Dichte, der 1 kWh Wärme pro Kilogramm aufnimmt und verschleißfrei millionenfach glühen kann. Ein solches System kann in Niedertemperaturkesseln mit Gebläsebrennern im getakteten Betrieb implementiert werden. Der Keramikspeicher arbeitet dabei in Kombination mit einer Diermayerklappe. Wenn der Brenner läuft, wird der Speicher aufgeladen und führt die erzeugte Wärme näher an die Kesselwandung. Nach Brennerschluss gibt der Wärmespeicher die gespeicherte Hitze ab. Dabei ist die im Abgasrohr befindliche Diermayerklappe geschlossen, um zu verhindern, dass Wärme durch den Schornstein entweicht. Bei der Installation solcher Systeme werden immer auch zusätzliche Arbeiten wie Kesselreinigung und Abdichtung durchgeführt, und der Brenner wird neu eingestellt. Kleinere Düsen werden nur eingebaut, wenn faktisch weniger Wärmemenge benötigt wird. Die vom Kessel- und Brennerhersteller geforderten Emissionswerte und Vorgaben müssen dabei eingehalten werden: Insbesondere die geforderte Abgastemperatur darf nicht unterschritten werden. Die Wirkweise des Systems ist auch durch wissenschaftliche Studien belegt. Der Energie-Experte Prof. Rudolf Jeschar vom Institut für Energieverfahrens- und Brennstofftechnik an der Technischen Universität Clausthal untersucht seit Jahren die Wirkung von nachträglich installierten Keramikspeichern. Prof. Jeschar kommt in seinem jüngsten Gutachten von Juni 2011 zu dem Ergebnis, „dass in fast allen im Zusammenhang mit seiner Arbeit versuchsweise mit Keramikspeichern nachgerüsteten Heizungsanlagen der Öl- oder Gasverbrauch signifikant gesenkt werden konnte.“ In der Praxis liegt selbst bei modernen Heizungen der Jahresnutzungsgrad ohne Keramiksystem oft nur bei 65 – 85 %. Kontraktoren und Energielieferanten, die Wärmezähler in Heizungsanlagen installiert haben, stellen fest, dass die Wirkungsgrade mit einem solchen Speichersystem signifikant steigen. Dabei haben aber auch Keramikspeicher ihre Grenzen: Gesamtwirkungsgrade von 90 % und mehr können nicht wesentlich verbessert werden. Der TÜV Süd hat der Installation eines Keramikspeichers attestiert, dass es durch die glühende Keramik nach Brennerschluss nicht zu Problemen mit der Flammüberwachnung und nicht zur Überhitzung des Brennermischers kommt. Fazit: Ein Keramikspeicher ist in vielen Fällen die günstige Alternative zur Investition in ein neues Hightech-Heizungssystem.
Ein anderer Personenkreis setzt auf Kesselumbauten. In diesem Fall werden Wärmespeicher unterschiedlichster Materialien in den Heizraum des Kessels eingebaut. Das Unternehmen Accuramics beispielsweise verwendet Keramik. Eine auf den Kessel abgestimmte Anzahl an massiven Keramikringen wird hintereinander in dem Brennraum aufgestellt. Während der Brenner läuft, erwärmen sie sich und geben diese Energie später wieder ab. Mit der Reinigung des Heizkessels, dem zusätzlichen Nachrüsten einer Diermayerklappe und ggf. dem Anpassen der Brennerleistung verspricht Accuramics Energieeinsparungen, deren Investitionen sich in wenigen Jahren amortisieren. Lässt sich dieser kleinen Lösung eine große Bedeutung zumessen? Es gibt zwei Meinungen.
Contra – Dipl.-Ing. Wolfgang Diebel, Leiter Produktmanagement, Bosch Thermotechnik, Buderus Deutschland, Wetzlar
Durch den nachträglichen Einbau von Brennraumeinsätzen können keine nennenswerten Verbesserungen bei den Schadstoffemissionen und der Energieeinsparung erzielt werden. Ganz im Gegenteil – es ergeben sich eher Nachteile für den Betreiber der Heizungsanlage. Moderne Niedertemperatur-Heizkessel erreichen Normnutzungsgrade von 93 bis 96 %, Brennwertkessel sogar bis zu 110 %, jeweils bezogen auf den Heizwert Hi. Zusätzliche Maßnahmen im Brennraum sind für die Effizienzsteigerung unter gleichen Rahmenbedingungen wirkungslos. Häufig wird in Verbindung mit dem Einbau eines Brennraumeinsatzes die Brennerleistung reduziert, dadurch lässt sich dann der Abgasverlust geringfügig reduzieren. Der gleiche Effekt wird aber auch ohne Brennraumeinsatz erzielt. Manche Hersteller von Brennraumeinsätzen erwecken mit der Senkung des Brennstoffdurchsatzes den Eindruck, dass diese Verringerung der Brennerleistung direkt der erzielbaren Energieeinsparung entspricht. Dies ist irreführend, weil bei gleichem Wärmebedarf eine geringere Brennerleistung zu einer längeren Laufzeit des Brenners führt und deshalb der tatsächliche Energieverbrauch unverändert bleibt. Sollten durch den nachträglichen Einbau eines Brennraumeinsatzes Energieeinsparungen festgestellt werden, kann dies auch andere Ursachen haben. Beispielsweise führen ein milder Winter oder eine Änderung des Betriebs- oder Nutzerverhaltens zu einer geringeren Wärmeabnahme mit einem niedrigeren Energieverbrauch. Weil die Diskussionen um mögliche Energieeinsparungen durch den nachträglichen Einsatz von Brennraumeinsätzen immer wieder zu einer Verunsicherung bei den Anlagenbetreibern führt, haben Heiztechnikexperten wie das Institut für wirtschaftliche Ölheizung (IWO) zu diesem Thema neben Prüfstandsuntersuchungen auch Praxistests durchgeführt –mit vergleichbaren Ergebnissen. Die zahlreichen neutralen Gutachten bestätigen, dass keine Energieeinsparung möglich ist. Bereits in den 80er-Jahren hat die Stiftung Warentest vom Kauf der Brennraumeinsätze abgeraten. Entstehen außer unnötigen Kosten noch andere Nachteile? Die klare Antwort lautet: „Ja“. Die geänderte Brennraumströmung kann durch lokale Überhitzung zu Verkalkungen und gefährlichen Bauteilspannungen führen, wodurch die Lebensdauer des Heizkessels reduziert wird. Außerdem wird die Flamme des Brenners gestört, sodass Brennerbauteile eventuell überbelastet werden und damit die Gefahr einer Bauteilzerstörung entsteht. Die häufig in Verbindung mit Brennraumeinsätzen vorgenommene Leistungsreduzierung kann dazu führen, dass die mögliche Wärmeleistung des Heizkessels bei niedrigen Außentemperaturen für die Gebäudebeheizung nicht mehr ausreicht. Schließlich muss noch ein weiterer wesentlicher Aspekt berücksichtigt werden: Der Betreiber kann durch den Eingriff seine Gewährleistungsansprüche verlieren. In Summe bedeutet dies: Der nachträgliche Einbau von Brennraumeinsätzen bringt keine nennenswerten Verbesserungen bei der Energieeinsparung. Deshalb sollten Anlagenbetreiber, die Energie und Geld sparen möchten, am besten auf moderne, effiziente und umweltschonende Heiztechnik setzen.