Was bedeuten die bisher bekannten Pläne der potenziellen Ampel-Regierung für den Innovationsstandort Deutschland?
Ein Gastbeitrag von Heiner Pollert auf TheEuropean:
Was bedeuten die bisher bekannten Pläne der potenziellen Ampel-Regierung für den Innovationsstandort Deutschland?
Bundeskanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) spricht im Hinblick auf die Pläne einer möglichen Ampel-Koalition vom „größten industriellen Modernisierungsprojekt seit über 100 Jahren“, der Parteichef der FDP, Christian Lindner, von einem „Fortschrittszentrum“, das entstehen soll, sowie von Klimaschutz durch Innovation und nicht durch Verbote. Mit dem Abschluss der Sondierungsgespräche stellt sich die Frage: Was bedeuten die bisher bekannten Pläne der potenziellen Ampel-Regierung für den Innovationsstandort Deutschland?
Weitere Stärkung von Forschung und Entwicklung
Auch wenn bisher nur das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP bekannt ist, lassen sich daraus schon einige Weichenstellungen für die Zukunft der Innovationspraxis in der Bundesrepublik entnehmen. Eines der sicherlich prominentesten Projekte ist das bereits für 2022 angestrebte Klimaschutz-Sofortprogramm. Zwar bleibt das Dokument hier naturgemäß noch vage, wenn es von „notwendigen Maßnahmen“ spricht, die für das Erreichen des 1,5 Grad-Ziels auf den Weg gebracht werden sollen. Doch denkt man die bisherigen Äußerungen der Parteien zum Thema konsequent zu Ende, wird die Förderung von Innovationstätigkeit beim Klimaschutz einen wichtigen Platz einnehmen. Dazu passt, dass der Anteil der staatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach dem Sondierungsergebnis auf 3,5% des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden sollen. Damit verstetigt sich der Trend wachsender staatlicher Forschungsförderung, die laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2014 noch 2,9% und 2019 bereits 3,2% des Bruttoinlandsprodukts ausmachte.
Entbürokratisierung für mehr Wettbewerbsfähigkeit
Eine zweite wichtige Säule für die Stärkung von Innovation – unabhängig von der finanziellen Komponente – sehen die potentiellen Koalitionspartner in der Entbürokratisierung. Gerade Start-Ups und Gründern sollte damit der Weg von der Innovation zum unternehmerischen Erfolg erleichtert werden. Die Verwaltung soll effizienter und digital arbeiten, Genehmigungs- und Planungsverfahren beschleunigt werden. Konsequent umgesetzt könnte der Abbau bürokratischer Hürden den Standort Deutschland vor allem im internationalen Vergleich wieder konkurrenzfähiger machen. Denn gerade bei der Überführung einer innovativen Geschäftsidee in eine erfolgreiche Unternehmenstätigkeit werden Gründer und Erfinder noch zu häufig durch langwierige administrative Prozesse ausgebremst. Eine verzögerte Umsetzung geht regelmäßig mit dem Risiko einher, dass Wettbewerbsvorteile trotz des deutschen Forschungsvorsprung wie etwa in den Life-Sciences wieder verloren gehen. Es ist daher begrüßenswert, dass die Verhandlungspartner hier die Hebel der Modernisierung ansetzen wollen.
Eine neue Rolle für die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
Darüberhinaus lassen SPD, Grüne und FDP auf institutioneller Ebene weiteren Reformwillen erkennen. So soll die Kreditanstalt für Wiederaufbau stärker als bisher „als Innovations- und Investitionsagentur wirken“. Dieser Ansatz für eine aktivere Rolle der KfW ist erfolgsversprechend, weil er den Weg für eine kooperative öffentlich-private Innovationsförderung ebnen könnte. Um das Kapital privater Investoren wie etwa von Venture Capitalisten und Company Buildern vollumfänglich für die notwendigen technologischen und industriellen Transformationen zu aktivieren, könnte etwa die KfW ergänzende Darlehen oder Sicherheiten bereitstellen. Am Ende wird es auch von den Modalitäten und dem Umfang derlei KfW-Programme abhängen, in welchem Ausmaß private Kapitalgeber für Investitionen in einen innovativen Wandel der deutschen Wirtschaft motiviert werden können.
Fazit: Vielversprechende Ansätze, doch steckt der Teufel im Detail?
Das Sondierungsprogramm lässt das Bemühen der beteiligten Parteien erkennen, eine neue Innovationsdynamik anzustoßen. Zum Ersten, indem bewährte Konzepte wie die staatliche F&E-Förderung finanziell gestärkt werden. Zum Zweiten, indem ein neuer Elan bei Bürokratieabbau, Digitalisierung der Verwaltung und institutionellen Anpassungen an den Tag gelegt wird. Denn zur bundesdeutschen Realität gehört bisher leider auch, dass trotz hoher Forschungsaktivität und einem regen Erfindergeist, viele gute Ansätze im Sand verlaufen, weil administrativer und finanzieller Aufwand die strategische Unternehmensentwicklung erschweren. Das Erreichen der gesteckten Zielen wie eine effiziente, schlankere und technisch moderne Verwaltung sowie die neue Ausrichtung der KfW könnten hier Entlastung bringen. Freilich bleiben die konkreten Maßnahmen und Programme abzuwarten. Denn nicht selten steckt der Teufel im Detail.