Der Vordenker
Die junge Ravenpack AG hat mit ihrer E-Business- und Knowledge-Management-Plattform eine verheißungsvolle Zukunft vor sich
Als wir Hardy Schloer treffen, ist er eben in ein Telefonat mit einem befreundeten Astrophysiker vertieft.
Schloer ist Cheftechnologe (CTO) der Ravenpack AG. Doch ein in die Technik verbohrter Chefsoftwareschreiber ist er nicht, eher ein vielschichtiger Allrounder. Das Bücherboard in seinem Arbeitszimmer spricht Bände: Werke zu Artificial Intelligence und Klassiker von Freud stehen neben medizinischen Enzyklopädien. Eindimensionales Denkenist ihm schon seit dem Kindesalter verhasst. ,,Der Mensch hat eine Missfunktion“, betont der beredte Fünfundvierzigjährige. Ihm fehle die Weitsicht. Er mache den Fehler, Konsequenzen, die später einträfen, für unwichtiger zu halten als Ereignisse mit sofortigem Effekt. Lösungen, die diese Weitsicht einbeziehen, hätten einen Vorsprung, meint er.
Wie „Ravenspace“. Das Knowledge-Management-Produkt der Ravenpack AG verfolgt einen sehr tief gehenden Modellierungsansatz. Darin werden die „Infohappen“, wie sie in gebräuchlichen objektorientierten Datenbanken liegen, in ihre kleinsten Teile, praktisch wie einzelne Buchstaben, aufgesplittet, „atomisiert“. Je nachdem welches Wissensergebnis angestrebt wird, werden sie nach bestimmten Parametern wieder zusammengesetzt.„Unser Ziel ist die sinnvolle, möglichst zugespitzte Verschaltung von Information zu Wissen.“
Schloers Werk begann mit der Überlegung, „dass sich seit den Sechzigern in der Technologie nichts grundsätzlich getan hat.“ Wissen wurde sequentiell abgearbeitet. Das Prinzip der Intelligenz in neuronalen Netzen hielt Schloer aber für einen weitaus besseren Ansatz. Und arbeitete jahrelang mit einem virtuellen Team am großen Ziel: lernende Software. Bei Ravenpack konnte er seinen Traum in ein konkretes Produkt umwandeln. 15 Monate ist das Startup alt – und doch stecken schon 100 Mannjahre Entwicklung in den Business- und Knowledge-Management-Produkten. Andere nennen so etwas neuronale Netze oder ,,kontextbasierte Suche“. Beim Münchner Unternehmen trägt die Lösung schlicht den Namen: Ravenspace. Das stärkste Kundeninteresse kommt derzeit von Versicherungen und ähnlich datenarchivlastigen Branchen, die an einer möglichst effizienten Verknüpfung ihrer sehr undurchsichtig verteilten Wissensmengen interessiert sind. „Etwa an der intelligenten Datenaufbereitung für den Vertrieb“, beschreibt Doris Albiez. Geschäftsführerin von Ravenpack. Ein ausgetüfteltes Sicherheitsmodell ermöglicht externen Zugriff über das Internet. Solche Anforderungen erarbeitet Ravenpack zusammen mit dem Kunden in mehrwöchigen Workshops. Im Juni 2000 war die Ravenspace-Lösung marktreif, inzwischen laufen zwei solcher Workshops. Ihr Zweck: „Die Kunden müssen sich Fragen stellen, die sie sich zuvor nicht hätten ausdenken können“, formuliert der ausgebildete Physiker und Psychologe Schloer.
Zum Beispiel: Warum empfinden wir bestimmte Ferraris aus den 70ern als ästhetisch ausgewogen, spätere aber nicht mehr? Es liege an den naturähnlichen Winkelmaßen, sagt Schloer, der sich eingehend mit „Pattern Research“ beschäftigt hat. Solche Fragen treiben den Ravenpack-CTO auch heute noch um. Zum Wohle der Kunden.
Wir automatisieren Information. Und jedes Atom bekommt eine Seriennummer.
Ich möchte ein Denksystem schaffen, vom Ansatz her.