Innovation ist mehr als nur ein Buzzword
Ist der Ruf erst ruiniert… Damit die deutsche Unternehmenslandschaft nicht ihr positives Ansehen verliert und durch globale Player abgehängt wird, muss das Thema Innovationen ganz oben auf die Agenda, denn Innovation ist mehr als nur ein Buzzword – ihnen gehört die Zukunft.
Sich auf seinem Ruf auszuruhen hat schon so manchen in die Bredouille gebracht. „In diesen digitalisierten Zeiten ist die deutsche Wirtschaft gerade drauf und dran, ihre gute Stellung zu verspielen. Denn die mit dem Siegel ‚Made in Germany‘ verbundenen Attribute wollen auch in Zukunft noch Bedeutung haben“, warnt Dr. Heiner Pollert, CEO der Patentpool Group und erster Vorsitzender des Deutschen Instituts für Erfindungswesen. Zunehmende Standardisierung, Automatisierung, Losgröße 1 und Sharing Economy – schon länger sorgen disruptive Veränderungen für Umwälzungen in der Wirtschaft. Um mithalten zu können, müssen Innovationen gefördert werden. Sowohl die Entstehung von innovativen Ideen als auch die konkrete Förderung der daraus resultierenden Produkte oder Dienstleistungen sollten Unterstützung erfahren. „Denn zukünftig hängt von dieser neuen Ressource die wirtschaftliche Stellung ab. Damit Innovationen so sprudeln können wie vor Jahrzehnten noch das Erdöl, brauchen sie Kapital, Wissen und effiziente Netzwerke“, erläutert Pollert. „Zu viele Technologien oder brillante Ideen scheitern an bürokratischen Hürden, fehlendem Kapital oder mangelnden Ressourcen.“ Trotz der zunehmenden Wichtigkeit ist ihre immense wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung noch nicht zu allen Organisationen vorgedrungen.
Innovation als Wirtschaftsfaktor
Zu oft noch bewegen sich deutsche Unternehmen auf ausgetretenen Pfaden – Mut und Antrieb zum Aufbau einer Innovationskultur sind gefragt. Denn nur so lassen sich Wettbewerbspositionen langfristig sichern. Bisher aber dominieren die innovationsfernen Firmen: Nur ein Viertel der deutschen Unternehmen zeichnet sich durch Innovationsfreude und Technologieführerschaft aus. In über der Hälfte der Unternehmen erfahren bahnbrechende Ideen keine aktive Förderung, es fehlt an Risikobereitschaft, einer auf Neuerungen ausgerichteten Strategie und einer gelebten Innovationskultur. Und das, obwohl sowohl die Größe als auch die Wirtschaftlichkeit eng mit der jeweiligen Innovationskraft verknüpft ist: Je technologisch kreativer ein Unternehmen, desto größer der wirtschaftliche Erfolg bei gleichzeitigem dynamischen Wachstum der Mitarbeiterzahlen. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben in Sachen Innovationen noch viel Nachholbedarf. Warum diese Tatsache so brisant ist, erklärt Dr. Pollert so: „Wenn man bedenkt, dass KMUs für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine mehr als entscheidende Bedeutung haben, wächst die Sorge um die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit. Denn fast 60 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sind in einem KMU angestellt. Kreative Freiräume und geschickte Mitarbeiterführung können auch dort für eine Stärkung der Innovationskraft sorgen.“ Dem durchschnittlichen Mittelständler stehen dabei zwar nicht die Möglichkeiten eines Weltkonzerns zur Verfügung, trägt er aber den sich verändernden Wettbewerbsbedingungen in einer digitalisierten Welt keine Rechnung, gerät eine eigentlich stabile Organisation langfristig ins Abseits.
Aufbruch in eine neue Zeit
Das Zeitalter der Innovationen hat längst begonnen. Doch was benötigt die Wirtschaft, damit bahnbrechende Ideen und disruptive Technologien erfolgreich werden? Gezielte Investitionen und eine bessere Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft sind jetzt vonnöten. Dafür braucht es auf der einen Seite veränderungswillige Unternehmen und auf der anderen eine aktivere Wirtschafts- und Innovationspolitik. Ein erster Schritt wäre der Anschluss der ländlichen, KMU-betonten Gebiete an die digitale Infrastruktur. Darüber hinaus verbessert der Abbau von bürokratischen Hürden die Rahmenbedingungen etwa auch für technologisch versierte Start-ups. Erste Bemühungen, die Innovationskraft hierzulande zu stärken, sind allerdings bereits im Gange. 2019 hat die Bundesregierung die Agentur für Sprunginnovationen ins Leben gerufen. Mit einer Milliarde Euro soll das Projekt für die nächsten zehn Jahre von Bund ausgestattet werden und damit vielversprechende Ideen bis zur konkreten Umsetzung begleiten. „Baby steps in die richtige Richtung – aber noch lange nicht genug Engagement. Innovationen müssen als wichtigste Ressource der Zukunft noch viel tiefgreifender auf die Agenda“, betont Pollert. Dem steht entgegen, dass der ‚Bloomberg Innovation Index‘ Deutschland kürzlich zur innovationsstärksten Nation unter den untersuchten Ländern kürte. Das zeigt zwar, dass die Bundesrepublik ihren Vorsprung noch nicht gänzlich verspielt hat, bei der Untersuchung gaben allerdings die Investitionen der großen Konzerne aus den Bereichen Pharma-, Automobilindustrie und Maschinenbau den Ausschlag. Im Bereich der Aus- und Weiterbildung schneidet die Bundesrepublik etwa vergleichsweise schwach ab. Langfristig kann Deutschland seine Rolle als starker Innovator nur halten und ausbauen, wenn die Nachwuchsförderung und die Bedeutung der kreativen Kraft von Start-ups und KMUs mehr Tragweite erhält. „Längst ist es an der Zeit, dass in Deutschland auf politischer Ebene ein Bewusstsein und auch ein Klima für die Förderung zukunftsweisender Technologien geschaffen wird“, mahnt Pollert. „Denn nur durch neue Technologien etwa im Bereich künstliche Intelligenz, Big Data oder Umweltschutz und Nachhaltigkeit können wir den gesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Problemen der Gegenwart und Zukunft adäquat begegnen.“